Der Amateurfußball als gesellschaftliches Feld
Der Fußball ist in Bezug auf die Zahl der aktiv oder passiv teilnehmenden Akteure die mit Abstand populärste Amateursportart in Deutschland. Heute sind unter dem Dach des DFB über sieben Millionen Mitglieder organisiert. Sie verteilen sich auf rund 25.000 Fußballvereine. Allein in Bayern sind über 4.600 dieser Vereine registriert, sie nehmen mit rund 28.000 Mannschaften am verbandlich organisierten Spielbetrieb teil. Laut Schätzungen des Bayerischen Fußball-Verbands (BFV) sind jedes Wochenende – berücksichtigt man Spieler, Trainer, Schiedsrichter, Zuschauer, Vereinsmitarbeiter, etc. – über eine Million Menschen auf bayerischen Amateurfußballplätzen unterwegs.
Die Menschen, die sich im Amateurfußball auf Spielfeldern, in Kabinen oder Vereinsgaststätten begegnen, unterscheiden sich häufig stark hinsichtlich ihres kulturellen, sozialen oder ökonomischen Hintergrunds – keine andere Sportart versammelt eine solche Vielfalt unter ihrem Dach. Und so ist die folgende fiktive Szene im Amateurfußball etwas ganz alltägliches: Während eines Spiels erteilt ein 20-jähriger Einzelhandelskaufmann-Azubi einem deutlich älteren, berulich erfolgreichen Akademiker auf dem Platz einen „Rüffel“ für ein schlechtes Abspiel – gemäß seinem Status als unzweifelhaft fußballerisch überlegener Spieler ist das in dieser sozialen Umgebung auch legitim. So schafft sich der Amateurfußball einen eigenen Mikrokosmos, in dem ganz eigene Normen gelten und in dessen Rahmen zudem Vorurteile gegenüber dem Unbekannten abgebaut werden können. Das macht den Amateurfußball zu einem überaus interessanten gesellschaftlichen Feld.
Das Projekt „Mikrokosmos Amateurfußball“ widmet sich diesem Feld. Auf Veranstaltungen, mit einer eigenen Website und via Social Media beleuchtet das Projekt die gesellschaftliche Bedeutung des Amateurfußballs.
Was hier unter „Amateurfußball“ verstanden wird
In Deutschland besteht eine formale Grenze zwischen Profi- und Amateurfußball. Während 1. und 2. Bundesliga sowie 3. Liga dem Profifußball zugerechnet werden, beginnt ab der fünfgleisigen Regionalliga der Amateurfußball. Dieser kann wiederum in gehobenen und unterklassigen Amateurfußball unterteilt werden.
Während der Profifußball nur einige hundert aktive Fußballer umfasst, zählt der gehobene Amateurfußball schon deutlich mehr Spieler. Der unterklassige Amateurfußball stellt hingegen zahlenmäßig die breite Basis dar. Man spricht daher von einer „pyramidalen Struktur“ des Amateurfußballs.
Im Amateurfußball wird Erfolg unterschiedlich definiert
Im unterklassigen Amateurfußball geht es weniger um sportlichen Erfolg als um sozialen Austausch und Geselligkeit, wie eine Untersuchung der Hochschule Fresenius und des Bayerischen Fußball-Verbandes aus dem Jahr 2016 zeigt. Für die Studie wurden damals mehr als 1000 Personen, die als Spieler, Funktionäre, Ehrenamtliche oder Eltern mit einem bayerischen Amateurfußballverein in Verbindung stehen, online befragt. Unter anderem wurde ihnen dabei diese Frage gestellt: „Wann ist ein Amateurfußballverein in Ihren Augen erfolgreich?“ Ihre insgesamt drei Kreuze konnten die Umfrageteilnehmer dabei auf mehrere vorgegebene Antwortmöglichkeiten verteilen – z.B. auf die Möglichkeiten „Wenn er sportlich erfolgreich ist“ oder „Wenn er über einen guten sozialen Zusammenhalt verfügt“. Die nachfolgende Abbildung zeigt: Für die Befragten, die mit einem Verein in Beziehung stehen, dessen Erste Mannschaft im gehobenen Amateurfußball unterwegs ist, ist ein Verein vor allem dann erfolgreich, wenn er sportlich erfolgreich ist. Je tiefer man jedoch kommt, desto unwichtiger wird sportlicher Erfolg – und desto wichtiger wird ein funktionierendes soziales Miteinander:
Unterklassiger Amateurfußball steht besonders im Fokus
Mit Blick auf die Zielstellung des Projekts „Mikrokosmos Amateurfußball“, die gesellschaftliche Bedeutung des Amateurfußballs in Deutschland herauszustellen, ist es also sinnvoll, den unterklassigen Amateurfußball stärker in den Fokus zu rücken – hier stehen Geselligkeit und soziales Miteinander für die aktiv wie passiv Teilnehmenden im Vordergrund. Natürlich finden in diesem Zusammenhang sowohl der Männer- als auch der Frauenfußball Beachtung.
Das Projekt nimmt darüber hinaus auch die „bunten Ligen“ in den Blick: Der nicht unter dem Dach des DFB angesiedelte „Freizeitfußball“ hat sich in den vergangenen Jahren zu einem teilnehmerstarken Bereich entwickelt. In der Royal Bavarian Liga, einer nicht verbandlich organisierten Liga im Raum München, waren in der Saison 2017 beispielsweise knapp 200 Mannschaften gemeldet.
Das Projekt soll Austausch ermöglichen – medienvermittelt wie direkt
Das Projekt „Mikrokosmos Amateurfußball“ möchte mit dieser Website sowie den begleitenden Social Media-Aktivitäten den medienvermittelten Austausch über die gesellschaftliche Bedeutung des Amateurfußballs in Deutschland ermöglichen. Darüber hinaus sollen Mitglieder der deutschen Amateurfußball-Community sowie Interessierte im Rahmen von Veranstaltungen in einen direkten Kontakt treten.
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